Der verstorbene Generalsekretär des Justizministeriums, der Spitzenjurist Christian Pilnacek, war wegen des Verdachts von Interventionen in politischen Strafverfahren suspendiert. Wegen der Umstände der polizeilichen Ermittlungen nach seinem Tod hat nun der Chef einer vom Justizministerium beauftragten "Pilnacek-Kommission" Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erstattet.

Damit ist die Affäre in ein neues, möglicherweise brisantes Stadium getreten. Ausgelöst wurde das offenbar durch die Aussage von Pilnaceks Lebensgefährtin Karin W., die mit dem von Peter Pilz betriebenen Blog "ZackZack" gesprochen hat.

Der suspendierte Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek.
APA/HELMUT FOHRINGER

Zur Erinnerung: Pilnaceks Karriere war wegen des Anscheins unzulässiger politischer Interventionen (angeblicher Verrat einer Hausdurchsuchung beim Industriellen Michael Tojner) jäh gestoppt worden. Den hochintelligenten und ehrgeizigen Spitzenjuristen hat das schwer getroffen. Vor Leuten, die das heimlich aufzeichneten, ist er in seinem Lieblingsweinlokal über den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka hergezogen, der von ihm Interventionen verlangt habe.

Kein Fremdverschulden

Am Abend des 20. Oktober 2023 fuhr Pilnacek von Wien nach Rossatz in der Wachau, wo er mit seiner Lebensgefährtin Karin W. wohnte. Er wurde von der Polizei wegen Geisterfahrens aufgehalten, seine Alkoholisierung festgestellt und sein Führerschein eingezogen. Er wurde dann von der Freundin seiner Lebensgefährtin abgeholt und nach Rossatz gebracht. Irgendwann in der Nacht ging Pilnacek aber zu Fuß entlang des Altarms der Donau und wurde in der Früh dort tot aufgefunden. Laut Staatsanwaltschaft Krems und Obduktion liegt kein Fremdverschulden vor.

Es handelt sich bei diesem Altarm keineswegs um ein reißendes, tiefes Gewässer. Für einen Suizid spricht allerdings der wahrscheinliche psychische Zustand Pilnaceks. Angeblich hatte er sich Hoffnung auf Aufhebung der Suspendierung gemacht, die Führerscheinabnahme wegen alkoholisierten Autofahrens wäre da fatal gewesen.

Seine von ihm getrennt lebende Gattin, ebenfalls eine Spitzenjuristin, sagte allerdings bei der Seelenmesse, Pilnacek habe nicht Suizid begangen, sondern "ihm wurde das Leben genommen".

Untersuchenswerte Vorgänge

Jedenfalls erschienen nach Auffindung der Leiche bei Lebensgefährtin Karin W. Beamte des Landeskriminalamts Niederösterreich, die in ultimativer Form das Handy, den Schlüssel, die Geldbörse und den Computer Pilnaceks forderten. Die geschockte Frau gab Schlüssel, Börse und Handy her. Wie sich später herausstellte, hat keine Staatsanwaltschaft die Sicherstellung dieser Beweisstücke verfügt. Später wurden sie – angeblich ohne Auswertung – an Pilnaceks Ehefrau ausgefolgt.

Das sind untersuchenswerte Vorgänge. Ob es eine Rolle spielt, dass die Freundin von Karin W., die Pilnacek auch abholte, im Büro von Präsident Sobotka arbeitet, ist ebenfalls zu klären. Und was war das Thema des Telefongesprächs, das Ex-Kanzler Sebastian Kurz knapp vor Pilnaceks Tod mit diesem führte?

Wurde nach Pilnaceks Tod ordentlich ermittelt oder eher versucht, die Sache so schnell wie möglich zu begraben oder gar politisch brisante Sachverhalte zu vertuschen? Das ist Stoff für Gerüchte und Verschwörungstheorien. (Hans Rauscher, 26.3.2024)