Hutgeschäft, Vienna, City
Alexandra Pomper in ihrem Geschäft, das sie gemeinsam mit einem Geschäftspartner im Herbst 2021 eröffnete.
privat

Gleich neben einem Spielzeuggeschäft, schräg vis-à-vis von Mozarts Sterbehaus, also mitten in der Wiener Innenstadt, liegt das Hutgeschäft "Gut Behütet", das Alexandra Pomper gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Gorgy Walid während der Pandemie gründete. Dort bietet man auf 70 Quadratmetern und zwei Ebenen geschätzte 1.000 Hutmodelle feil. Außerdem gibt es Accessoires wie ausgewählte Handschuhe oder Hosenträger. Reparaturen werden ebenso übernommen wie die Pflege von Hüten. Pomper war, wie sie sagt, schon immer auf den Hut gekommen. Bereits ihr Urgroßvater hatte die Finger mit im Spiel. Er schenkte ihr den ersten Hut. Hüte trägt sie, seit sie zwölf war. Und das "obsessiv", wie sie erzählt. Nach ihrem Studium und vielen Jahren im Buchhandel landete sie eher zufällig in einem Wiener Hutfachgeschäft, wo sie sich großes Wissen über Hüte und Materialien aneignete. Im Herbst 2021 wagte sie den Sprung in die Selbstständigkeit, obwohl die Zahl der Hutgeschäfte stetig sinkt. Alexandra Pomper zeigt sich jedoch zuversichtlich und ist happy, dass sie sich ihren Traum erfüllen konnte. Bis heute lautet ihr Motto: "Alles wird Hut".

STANDARD: Wer kauft heute noch Hüte?

Pomper: Verschiedenste Menschen. Mein jüngster Kunde ist neun, mein ältester 99. Es handelt sich um Menschen, die im Sommer Hüte zum Schutz vor der Sonne tragen, im Winter zum Schutz vor der Kälte. Und dann gibt es viele Musikerinnen und Schauspieler und modebewusste Menschen, die den Hut als Markenzeichen oder Accessoire sehen. Beobachtete man die vergangenen Modeschauen in Paris oder Mailand, waren Hüte sehr angesagt. Das freut mich natürlich.

STANDARD: Was ist denn in Sachen Hut derzeit gefragt?

Pomper: Durch die Serie "Peaky Blinders" kamen die Ballonmützen sehr stark zurück. Vor zehn Jahren hätte ich die nie eingekauft. Überhaupt sind Serien oder Musiker sehr trendangebend, vor allem bei jungen Leuten. "Gatsby" ist ein starkes Thema, aber auch die 90er-Jahre, also zum Beispiel "Bucket Hats". Manche sagen auch Anglermütze dazu. Der Panama-Hut ist ein Klassiker, der geht immer noch sehr gut. Der passt zum Anzug genauso wie zur Jeans. Auch nach dem Film "Oppenheimer" haben sich viele erkundigt, ob ich so einen Hut habe, wie er im Film getragen wurde, also einen Fedora. Die Trendfarbe heuer ist übrigens Lila. Der "Girardi-Hut" ist auch en vogue, der ist auch als "Flamencohut" oder "Kreissäge" bekannt und bei Damen und Herren beliebt. Viele dieser Hüte sind mittlerweile auch gut rollbar.

STANDARD: Was heißt denn rollbar?

Pomper: Rollbar heißt, man kann sie richtig schlecht behandeln, aber sie brechen nicht. Das ist natürlich gerade bei Reisen ein Thema.

STANDARD: Wie würden Sie das Verhältnis zwischen männlicher und weiblicher Kundschaft beziffern?

Pomper: In unserem Fall 50:50.

STANDARD: Welche Hüte sind denn am schwierigsten an den Mann und die Frau zu bringen?

Pomper: Die hochpreisigen. Also zum Beispiel Einzelstücke. Die meisten Leute sind bereit, Pi mal Daumen 50 Euro für einen Hut auszugeben. Bei 1.000 Euro, zum Beispiel für einen Panamahut einer bestimmten Marke, schaut die Sache schon anders aus.

STANDARD: Warum hatte der Hut im Generellen eigentlich so ein schlechtes Schicksal? Es gab Jahrzehnte im vergangenen Jahrhundert, da ging kaum jemand ohne Hut aus dem Haus.

Pomper: Ja, ein Hut gehörte einfach dazu. Vor allem bei Männern und auch sehr bei verheirateten Frauen. Das hat ja auch mit dem Spruch "unter die Haube kommen" zu tun. Ich denke, der Verzicht auf die Kopfbedeckung war unter anderem ein Zeichen, ein Aufbegehren gegen spießige Bürgerlichkeit. Das hatte ab den 70er-Jahren durchaus etwas Politisches. Der Hut stand für etwas Konservatives. Jetzt geht es wieder ein Stück weit in die andere Richtung.

Hutgeschäft, Vienna, City
Hüte begleiten die Hutfachfrau seit ihrer Kindheit. Den ersten Hut bekam sie von ihrem Urgroßvater geschenkt.
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STANDARD: Welche Art von Hüten bevorzugen Sie persönlich?

Pomper: Ich mag Fedoras, also großkrempige Hüte. Ich bevorzuge die Herrenversion.

STANDARD: Tragen Sie immer Hut?

Pomper: Oh ja. Ohne Kopfbedeckung fühle ich mich nackt.

STANDARD: Wie findet man eigentlich zum passenden Hut?

Pomper: Das hat sehr viel mit der Gesichtsform zu tun. Ist diese rund oder schmal? Ihnen würde ich zum Beispiel keinen Hut mit hoher Krone aufsetzen. Das würde Ihr Gesicht zu schmal und lang machen.

STANDARD: Bedarf es viel Beratung beim Verkauf?

Pomper: Ja, die Menschen, die zu mir kommen, besuchen ja ein Fachgeschäft. Viele kaufen ihren ersten Hut, und da nehme ich mir schon Zeit. Man muss sich schließlich wohlfühlen mit seinem Hut.

STANDARD: Welche Zukunft sagen Sie dem Hut voraus?

Pomper: Ich denke, Hutgeschäfte wird es immer geben. Hutträger und -trägerinnen auch. Meine Stammkundschaft kauft nicht einen Hut. Die nimmt sich gleich vier mit. Ich habe schon den Eindruck, dass es mit dem Hut bergauf geht. Es gehört halt auch ein bisschen Mut dazu, Hut zu tragen. Man darf sich nicht verkleidet fühlen.
(Michael Hausenblas, 27.3.2024)