Viele blaue Tische.
Blick in den Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg.
APA/AFP/FREDERICK FLORIN

Straßburg – Das EU-Parlament hat am Donnerstag in einer Resolution, die neue Vorwürfe der russischen Einflussnahme im Europäischen Parlament und bei den bevorstehenden EU-Wahlen erhebt, auch die Nähe der FPÖ zu Russland verurteilt. Die Resolution fand mit 430 Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen und 48 Enthaltungen eine deutliche Mehrheit. Die Resolution geht unter anderem auf den 2016 unterzeichneten "Freundschaftsvertrag" zwischen der FPÖ und Putins Partei "Einiges Russland" und die Spionageaffäre um den Ex-BVT-Agenten Egisto Ott ein.

Von den anwesenden österreichischen Abgeordneten stimmten alle für die Resolution, mit Ausnahme der FPÖ, die dagegen votierte.

Kritik

In der Resolution äußert das EU-Parlament "seine Besorgnis über den österreichischen Spionagefall, in dem der ehemalige österreichische Geheimdienstoffizier Egisto Ott, der eng mit dem FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein verbunden sein soll, beschuldigt wird, für Russland zu spionieren und illegal personenbezogene Daten aus Polizeidatenbanken abzurufen, einschließlich der Weitergabe von Handydaten ehemaliger hochrangiger österreichischer Beamter an den russischen Geheimdienst".

Das Parlament bekräftigt auch seine Verurteilung von "politischen Partnerschaften zwischen rechtsextremen Parteien in Europa und der russischen Führung". Als Beispiele werden neben dem "Partnerschaftsabkommen zwischen der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und Putins Partei Einiges Russland" auch die Beziehungen der Partei von Marine Le Pen in Frankreich oder der "Führung der AfD" in Deutschland genannt. Die AfD wird aufgefordert, "ihre finanziellen Beziehungen insbesondere zum Kreml unverzüglich offenzulegen".

Die FPÖ wurde bereits mehrfach wegen ihrer Nähe zu Russland und der Partei von Präsident Wladimir Putin kritisiert. So hatten die Freiheitlichen am 19. Dezember 2016 den vom Parlament zitierten "Freundschaftsvertrag" mit Putins Partei "Einiges Russland" unterschrieben. Dieser ist nach Angaben der FPÖ mittlerweile aufgekündigt. Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott wird unter anderem vorgeworfen, für den russischen Geheimdienst FSB spioniert und sensible Informationen an Politiker weitergegeben zu haben.

Das Parlament zeigt sich "entsetzt angesichts der glaubwürdigen Behauptungen, wonach einige Abgeordnete dafür bezahlt wurden, russische Propaganda zu verbreiten". Derartige Taktiken müssten "zu Konsequenzen führen". Die Resolution bringt die "Empörung über die Beteiligung von Mitgliedern des Europäischen Parlaments an einem prorussischen Medienunternehmen, Voice of Europe, zum Ausdruck". Das umstrittene tschechische Nachrichtenportal war der russischen Propaganda beschuldigt und aus Tschechien verwiesen worden.

Entschließungen des EU-Parlaments haben keine rechtlichen Konsequenzen. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola wurde aufgefordert, die Resolution dem Rat (der Mitgliedstaaten), der Kommission und dem EU-Außenbeauftragten zu übermitteln.

Vilimsky: "Schwachsinn"

"Die FPÖ hat zum Putin-Regime nicht einen einzigen Kontakt. Eine heute im Europäischen Parlament zur Abstimmung stehende Resolution, die dies unterstellt, ist purer Schwachsinn, genauso wie vieles, das in diesem EU-Irrenhaus zur Beschlussfassung kommt", erklärte Harald Vilimsky, FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, am Donnerstag in einer Aussendung. Faktum sei, dass einzig die FPÖ ein ausgeglichenes Verhältnis zu allen Staaten habe und die österreichische Neutralität in ihrer Politik wirklich mit Leben erfülle.

Beeinflussung der EU gäbe es dokumentiert nur bei der Ex-Parlamentsvorsitzenden und Sozialdemokratin Eva Kaili und ihren roten Netzwerken. Bei ihr seien Koffer voller Bargeld beschlagnahmt worden, ausgezahlt von Katar und Marokko. "Das sozialistische Netzwerk, das hier genommen und für fremde Staaten im EU-Parlament agiert hat, ist bisher völlig unter den Teppich gekehrt worden", kritisierte Vilimsky.

Andere Parteien kritisieren FPÖ

"Wie weit wollen Sie noch gehen, Herr Vilimsky? Mit Ihrer herabwürdigenden Wortwahl schaden Sie Österreichs Ansehen auf EU-Ebene, indem Sie das Europäische Parlament zum 'Irrenhaus' erklären", reagierte der ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka empört. "Politisch gehört jetzt mehr denn je transparent gemacht, welche Gefahr von der FPÖ ausgeht. Wir sind es kommenden Generationen schuldig, diese Gefahr auf demokratischem Weg einzuhegen. Der Kriminalfall gehört lückenlos aufgeklärt. Österreich hält die Demokratie hoch! Da aller Augen auf Österreich gerichtet sind, sage ich in Anlehnung an unseren Bundespräsidenten: "So sind wir nicht", sagte Lukas Mandl, Sicherheitssprecher der ÖVP im Europaparlament.

SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder hat die Resolution für die sozialdemokratische Fraktion mitverhandelt: "Die Helfer Putins sind überall in Europa und sind Einfallstor für Falschinformationen, die eine unmittelbare Bedrohung für unsere freie Demokratie darstellen. Von FPÖ, über Orbán und die AfD-Abgeordneten Krah und Bystron, rechte Politiker:innen führen einen regelrechten Feldzug gegen unsere Demokratie. Gegen diese Entwicklungen müssen wir sofort und in aller Härte vorgehen! Europa muss aufwachen und sich besser gegen diese Angriffe schützen."

"Rechtsextreme Parteien wie die FPÖ und die AfD geben vor, für die eigene Bevölkerung zu arbeiten. Die Wahrheit ist aber eine ganz andere, sie arbeiten ausschließlich zum eigenen Vorteil. Das beweisen unter anderem die Spionageskandale, in die die beiden rechtsextremen Parteien verwickelt sind", sagte die grüne Spitzenkandidatin Lena Schilling laut Aussendung. "Rechtsextreme Parteien wie die FPÖ gefährden unsere Demokratie und den Zusammenhalt, indem sie Fake-News verbreiten und eine Desinformationskampagne für den russischen Despoten Putin betreiben", betonte der Vorsitzende der Europäischen Grünen, Thomas Waitz.

"Die FPÖ und ihre Freunde tun alles, um Österreich und Europa Schritt für Schritt an die Diktatoren der Welt auszuliefern und unsere Demokratie zu zersetzen. Wer bei der Volksvertretung von einem 'Irrenhaus' spricht und den roten Knopf für den Öxit drücken will, der will den Menschen in Österreich schaden", sagt der EU-Spitzenkandidat der Neos, Helmut Brandstätter, vor allem in Richtung FPÖ, AfD und Viktor Orbán. "Vor einem halben Jahr haben Herbert Kickl und die AfD-Chefin Weidel gemeinsam in Wien ihre Freundschaftsbänder weiter verflochten. Nach dem Motto 'Zeig mir deine Freunde, und ich sag dir, wer du bist" muss man sagen: FPÖ und Co arbeiten Russland und China in die Hände. Wir Neos arbeiten für Österreich und Europa." (APA, red, 25.4.2024)